Kaiser
Wilhelm II. reiste bekanntlich gern und viel, so daß seine
Untertanen das I.R. für Imperator Rex in „immer reisebereit“
umdeuteten oder statt „Heil Dir im Siegerkranz“ ein „Heil dir im
Sonderzug“ anstimmten, wenn sein Hofzug auf den Schienen
vorbeiratterte.
Zu
Zeiten seines Großvaters, Kaiser Wilhelm I. war eine Kaiserreise
noch etwas besonderes, das Dutzende Personen im Hofstaat, speziell
das Hofmarschallamt beschäftigte. Ein spezieller „Reisemarschall“
bereitete über Wochen jedes Detail vor, wie A. Hermanny 1882 in der
Zeitschrift „Der Salon“ verblüffend beschreibt. Zur Erleichterung
aller Beteiligten änderte sich das dann doch recht schnell. Die
Kaiserreisen nach 1900 hatte weniger mit dem reisenden Monarchen des
späten Mittelalters und seinem Tross zu tun, sondern waren nah dran
an den Reisen, die wir heute unternehmen. Nicht erstaunlich, wenn
man weiß, daß der Skandinavien-Tourismus erst durch Wilhelms
Nordlandfahrten richtig angelaufen ist.
Weite
Reisen wurden mit dem Kaiserlichen Hofzug oder der Kaiseryacht
unternommen. In der näheren Umgebung oder ab den Bahnhöfen, bzw.
Häfen nutzte der Hofstaat das Pferd oder die Kutsche, später das
Automobil, dessen Entwicklung der eigentlich technikbegeisterte
Kaiser anfangs eher skeptisch verfolgte ( Das ihm zugeschrieben
Zitat „Ich glaube an das Pferd. Das Automobil ist eine
vorübergehende Erscheinung.“ ist übrigens eine reine Erfindung).
Später - mit zunehmender Alltagstauglichkeit – zeigte sich der
Kaiser als begeisterter Automobilist. Der kaiserliche Marstall,
anfangs den Pferden und Kutschen vorbehalten, wurde zu einer großen
Garage mit Fahrzeugen diverser Hersteller. Darunter 1907 sogar schon
Elektrofahrzeuge von Mercedes-Benz.
Leider
sind gar keine der vielen Fahrzeuge heute erhalten, zumindest ist
keines dokumentiert. Nicht einmal die Autos, die mit nach Holland
gingen. Nur zwei Mercedes, die er im Exil erwarb, stehen heute in
Museen.
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Rechts zwei Ansichtskarten. Links „In der Allee von Cadinen“ von
Paul Heydel (Beilage zur Zeitschrift „Moderne Kunst“ 23.Jahrgang,
1908. Richard Bong, Berlin).
Wer
sich für den Marstall und die Automobile des Kaisers interessiert,
dem sei das Buch „Der Königlich Preußische Marstall nach 1900“ von
Henning Heese empfohlen. In der umfangreichen Darstellung auf 447
Seiten ist wirklich jedes Detail, was heute noch recherchiert werden
kann, enthalten. Unter anderem die interessante Tatsache, daß es auf
Korfu, für Ausflüge vom Achilleion, sogar einen eigenen Fuhrpark von
5 Mercedes PKW gab. |
Unter
den Hunderten von Bilddokumenten des Schiffslebens, zwei besondere
Bilder von Willy Stöwer. Links ein geselliger Herrenabend im
Rauchsalon der Yacht 1910. Rechts die letzte Fahrt des Kaisers auf
seiner Yacht, die Rückkehr von der letzten Nordlandreise, wenige
Tage vor Kriegsausbruch 1914 (veröffentlicht in „Die Deutsche Flotte
in großer Zeit“ Admiral Scheer und Willy Stöwer, Westermann-Verlag
1926).
Es
findet sich übrigens eher gute Literatur über die Renn-Yachten des
Kaisers (z.B. Kristin Lammerting „Meteor. Die Kaiserlichen
Segelyachten“), als über seine Staatsyacht, die Hohenzollern.
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Zwei besondere Bilder: Links „Elsässer Bauern begrüßen den
kaiserlichen Hofzug vor der Hohkönigsburg“ (Privatbesitz). Rechts
das wohl letzte Bild aus dem Salonwagen des Kaisers zu Kriegszeiten
von Felix Schwormstädt (Illustrirte Zeitung, Band 151, 1918, Nr.
3928=Kriegsnummer 219 vom 10. Oktober).
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Gute
Literatur zum Hofzug kommt aus der Modellbauszene, wie
beispielsweise „Der Hofzug Sr. Majestät des Deutschen Kaiser, Königs
von Preußen“ von Alfred Gottwaldt. Im Original sind heute die
Salonwagen von Kaiser und Kaiserin zu besichtigen. Ein Besuch im
Berliner Technikmuseum oder dem Werksmuseum von der ALSTOM-LHB GmbH
(ex Linke-Hofmann-Busch GmbH) in Salzgitter sind schöne Ausflüge.
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